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Wiebke Lorenz – Allerliebste Schwester

Vor drei Jahren verlor Eva ihre Zwillingsschwester. War es Mord? Oder Selbstmord? Die Umstände sind bis heute nicht ganz geklärt und aus gegenseitigem Trost wurde Liebe: Eva heiratete den Mann ihrer verstorbenen Schwester. Eine praktische Lösung. Für alle?
Denn nach und nach zerbricht Eva an ihren eigenen Regeln. Sie, die immer „das schwarze Schaf“ der Familie war, möchte nun plötzlich die brave Ehefrau sein. Perfekt in Szene gesetzt in einem Leben voller Rituale, Tradition und Regeln.
Die Totgeburt ihres kleines Lukas empfindet Eva als erneute Strafe und während Evas Mann Tobias nach vorne schaut und einen „neuen Versuch“ startet, versinkt Eva immer mehr in Tagträumen und Erinnerungen an die vermeintlich glückliche Kindheit.

Immer wieder taucht Marlene darin auf, öffnet Eva die Augen und plötzlich bröckelt die Fassade der heilen Familienwelt. Eva bricht die Regeln, lässt sich tätowieren, rastet aus und droht allen Halt zu verlieren. Doch dann taucht plötzlich Simon auf. Auch er kannte Marlene…

Wiebke Lorenz erzählt in „Allerliebste Schwester“ die Geschichte zweier Frauen die unterschiedlicher nicht sein können.

Während Marlene die perfekte Tochter verkörpert, begehrt Eva auf und muss dafür Schläge und die Missachtung der Eltern ertragen. Die heile Familienwelt – nur eine Farce. Sie ist die Aufmüpfige, immer wieder getadelt, bestraft und mit der Schwester verglichen.

Als dann auch noch Marlene das Elternhaus verlässt, um zu studieren und kurze Zeit später verliebt ist, haut Eva nach Hamburg ab. Zu groß ist der Groll darüber verlassen worden zu sein, von dem einzigen Menschen, der ihr bis dato etwas bedeutet hat.
Nach Marlenes Tod nimmt sie zunehmend ihren Platz ein. Sie heiratet ihren Schwager, übernimmt Marlenes Anstellung in einem Buchladen und verliert dabei mehr und mehr ihre eigene Identität. Wieder einmal ist sie eben nicht die brave Tochter. War sie jemals die brave Schwester? Hat Eva sich nicht schon lange an Marlene gerächt?

Perfekt!!, dachte ich als ich das Buch zuschlug. Wiebke Lorenz´ packende Familiengeschichte um die Rivalität zweier Schwestern braucht kein Happy End, um zu beeindrucken. Ein unmissverständlicher Schreibstil, unvorhersehbare Wendungen, überzeugende Figuren und viel Tiefgang sind dagegen unentbehrlich, und hier hervorragend gelungen.
Die Charaktere sind atemraubend antipathisch und überzeugen durch Aufdringlichkeit, Besserwisserei und Emotionslosigkeit. Solche Leute möchte ich nicht näher kennen!
Die beklemmende Atmosphäre trägt sich von der ersten bis zur letzten Seite. Dort endet sie in einem grandiosen Finale, welches auch weitsichtige Leser überraschen wird.
Während andere Autoren es mit vielen Worten nicht schaffen, Dinge zu erklären, Szenen zu beschreiben oder Charaktere zu formen gelingt dies Wiebke Lorenz tadellos – in einer klaren, fesselnden Art und Weise, die es unmöglich macht, sich diesem Buch zu entziehen.
© Ricarda Ohligschläger
Cover © Blessing Verlag

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