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Julie Peters – Das Lied der Sonnenfänger

Uneingeschränkte Kaufempfehlung.

Man schreibt das Jahr 1894:
Hunderte Familien zwingt Hunger und Not aus Irland fort in die Fremde. So wagt auch die Familie O’Brien einen Neuanfang. Vater Edward träumt von einer Schafzucht in Neuseeland, die ihm zu Reichtum verhelfen soll.
Mit dem Geld seiner Schwiegertochter Siobhan legt er dort den Baustein für ein neues Leben. Auch wenn anfangs das Leben sehr beengt ist, arrangiert sich die Familie und wagt zu hoffen.
Doch diese Existenz ist bedroht, denn das Land hat seine eigenen Gesetze.
Missernten, Krieg und Neider erschüttern die O’Briens.
Das Glück lässt auf sich warten. Besonders die Frauen der Familie bekommen das zu spüren:

Emily, eine kluge Frau, deren Erfüllung bei Weitem nicht darin liegt nur Hausfrau und Mutter zu sein. Ihre Leidenschaft besteht eher darin Bücher zu wälzen und Geschichten zu schreiben. Wie schön, dass wenigstens ihr Freund Aaron ähnliche Interessen hat.

Und Siobhan, Emilys Schwägerin, deren Ehe mit Walter nur Fassade ist, denn ihr Mann ist nur zur Liebe fähig, wenn er Gewalt anwendet. Die junge Frau sehnt sich zunehmend nach Zärtlichkeit und gibt plötzlich dem Werben eines starken Maori, einem Eingeborenen, nach. Doch ihre Leidenschaft hat einen Preis den beide bitter bezahlen müssen.

Zuerst einmal sei gesagt, dass ich eigentlich gar nicht der Typ bin, den Familiensagen begeistern können und über 500 Seiten an einem Tag zu lesen kam bisher eher selten bei mir vor.
Julie Peters ist es dennoch gelungen mich mit dieser Familiensaga von den ersten Seiten an zu fesseln. Zugegeben bei ihrem Schreibstil vergisst man schnell, dass es sich hierbei um einen Debütroman handelt!

Sie schreibt mit einer Leichtigkeit, die mich nur so über die Zeilen fliegen lassen hat. Gleichzeitig zeichnet sie ein anschauliches, lebhaftes Bild ihrer Figuren und entführt ihre Leser so in die faszinierende Welt Neuseelands um die Jahrhundertwende. Auch über die Gedankenwelt der Figuren erfährt man einiges und kann sich so noch besser in sie hineinversetzen.

Über 20 Jahre begleitet der Roman die O’Briens und hierbei erlebt man so manche Wandlung der Protagonisten, die vielschichtig und nachvollziehbar wirken. Keine Figur wirkt blass oder klischeebehaftet.

So überraschend und bitter das Leben manchmal sein kann, so gestaltet sich indessen auch das Schicksal jedes einzelnen Familienmitglieds.
Vater Edward, ist ein rauer Ire, mit sanfter Seele, dem es zum Verhängnis wird gerne mal zu hoch zu pokern.
An seiner Seite ist seine Frau Helen, der es recht wäre, wenn er endlich aufhören würde sie so sehr zu begehren. Schließlich ist sie schon Mitte 40.

Ihre Tochter Emily trifft es besonders hart, nachdem sie eine unglückliche Ehe eingeht und von ihrer Schwiegermutter zurück gewiesen wird. Nicht nur die Erwartungen ihrer Mutter, sondern auch das vorgeschriebene Korsett nehmen ihr – im wahrsten Sinne des Wortes – die Luft zum Atmen.

Am meisten begeistert hat mich Siobhan, die vom ängstlichen Küken zu einem stolzen und mutigen Schwan wurde. Gegen alle Widrigkeiten geht sie ihren Weg, wenn auch anfangs heimlich und zaghaft. Ihre Ehe mit Walter stürzt sie in große Verzweiflung, befürchtet sie doch selbst schuld an seiner Grobheit zu haben. Mehr als einmal vergießt sie bittere Tränen. Sei es wegen ihrer verbotenen Gefühle oder Walters Zurückweisung.

„Das Lied der Sonnenfänger“ ist mehr als eine Familiensaga. Es ist ein Roman, der seine Leser entführen wird auf saftige Wiesen, raue Berge und weite Schafkoppeln mit Figuren, die einem sofort ans Herz wachsen.
Das Ende lässt mich ein kleines bisschen auf eine Fortsetzung hoffen, die jedoch nicht zwingend erforderlich ist da insgesamt keine Frage offen bleibt.
Allerdings bin ich der Meinung, dass diese Geschichte regelrecht nach einer Verfilmung schreit und sei es nur um das Bild, das man beim Lesen vor dem inneren Auge hat, mit den reellen Figuren zu vergleichen.

Fazit: Ein großartiges Debüt mit authentischen Figuren. Dramatisch und leidenschaftlich – erzählt vor der zauberhaften Kulisse Neuseelands. Chapeau!

Uneingeschränkte Kaufempfehlung.
© Ricarda Ohligschläger

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